Ja, meine Damen und Herren, Lesen im Archiv der Bäume bedeutet, dass wir die Informationen,
die in den Jaringen gespeichert sind, im Holz der Bäume also gespeichert sind, dass wir
diese Informationen versuchen zu heben und für eine Interpretation nützlich zu machen.
Der Umfang dieses Archivs der Bäume hängt von der Lebensdauer eines Baumes ab. Viele Bäume
können ein Alter bis zu 100 oder 500 Jahren erreichen. Einige Baumarten wie etwa der Mammutbaum
oder die nordamerikanische Granenkiefer können jedoch mehr als 2000, manchmal sogar bis 4000
Jahre alt werden. Das heißt, das Archiv der Bäume reicht also unterschiedlich weit zurück,
je nachdem in welchem Gebiet, in welcher Region wir uns befinden und mit welcher Baumart wir uns
beschäftigen, die uns dann diese Möglichkeiten des Erschließens bietet. Versteht man in diesem
Archiv zu lesen, so erschließen sich Hinweise auf die Umwelteinflüsse, unter denen die Bäume
gelebt haben und die einzelnen Jaringe in der Vergangenheit gebildet wurden. Ich werde in meinem
Vortrag zeigen, wie man sich dieses Jaringarchiv erschließt und welche Arten von Informationen
man herauslesen und interpretieren kann. Dazu werde ich einige Beispiele aus unseren Forschungen in
Kanada und in der Mongolei vorstellen. Welche Informationen nutzen wir dabei? Wir nutzen zunächst
die Informationen, die in einem einzelnen Jaring verborgen ist. Wir nutzen aber in erster Linie auch
die Jaringabfolge, die sich aus dem Wechsel von breiten und schmalen Jaringen ergibt. Wir benutzen
zusätzlich die Anatomie eines einzelnen Jaringes, um besondere Ereignisse, die die Umwelteinflüsse
bewirkt haben, interpretieren und verstehen zu können. Betrachten wir zunächst den Aufbau
einer Stammscheibe, sprich also den Querschnitt eines Baumes. Die Wachstumsprozesse der Bäume sind
durch den Wechsel von Aktivitäts- und Ruhephasen gekennzeichnet und anhand der mehr oder weniger
konzentrischen Ringe gekennzeichnet. Im Bild ist der Stammquerschnitt eines tropischen Baumes zu
sehen, der im gleichbleibenden Klima der warmfeuchten Tropen praktisch das ganze Jahr über wachsen kann.
Aber auch bei diesen tropischen Bäumen findet ein Wechsel zwischen Ruhe- und Aktivitätsphasen statt,
nur dass dieser Wechsel nicht von äußeren Einflüssen, sondern im Wesentlichen vom inneren
Rhythmus der Bäume gesteuert wird. Unter diesen Bedingungen entstehen unscharfe Zuwachsringe,
die zum Teil länger oder kürzer als ein Kalenderjahr sein können. Ganz im Gegensatz dazu
stehen Bäume aus den außer tropischen Klimaten, deren Wachstum im Wesentlichen durch
den Wechsel der Jahreszeiten geprägt ist. Wir haben also in unseren Klimaten mit
Jahreszeitenklima die Vegetationsperiode, in der die Wachstumsphase zwischen Frühjahr und Herbst
stattfindet und wir haben dann die Ruhephase, die überwiegend im Winter stattfindet. Durch
diesen strengen Wechsel der Jahreszeiten kommt es in der Tat zu einer echten Ausbildung eines
Jahrringes, sodass also wir, wenn wir die Jahrringe zählen, wie es auf dieser Stammscheibe hier im
Bilde möglich ist, wir auch gleichzeitig das Alter dieses Baumes oder dieser Scheibe haben,
sodass wir also mit der Möglichkeit der echten Jahrringe die Möglichkeit einer absoluten
jahresgenauen Datierung haben. Das ist mit den tropischen Hölzern nicht möglich.
Jeder Jahrring ist aufgebaut durch das sogenannte Frühholz und das Spätholz. Das Frühholz wird im
Frühjahr gebildet, hat große, weite, dünnwandige Zellen und diese im Laufe des Sommers bis hin zum
Herbst, mit Ende der Vegetationsperiode, werden diese Zellen immer kleiner und immer dickwandiger,
bis sie schließlich an der Jahrringgrenze besonders dünn und dickwandig sind und im
Kontrast zum nächstfolgenden Frühholz genau diese Jahrringgrenze sehr gut markieren.
Im ersten Bild war das Laubholz zu sehen, im zweiten Bild ein Dünnschnitt durch Nadelholz,
wo man den Aufbau des Jahrringes eigentlich viel deutlicher sehen kann, wo der Wechsel vom
großlumigen Frühholz zum kleinlumigen Spätholz sehr viel deutlicher ist und wo vor allen Dingen dann
auch die Schärfe der Jahrringgrenzen besonders gut ausgeprägt ist. Die Wissenschaft von den
Jahrringen teilt sich auf in zwei Teildisziplinen. Die eine ist die Dendrochronologie, die andere
Dendroökologie. Die Dendrochronologie befasst sich im Wesentlichen mit den Methoden der absoluten
Datierung. Sie wird eingesetzt zum Beispiel in der Archäologie zur Datierung von Bauhölzern in
Bauwerken. Sie wird aber auch eingesetzt in der Forstwissenschaft, wo wir mit Hilfe der absoluten
Altersdatierung das Alter eines Baumes, das Alter eines Bestandes und ganz nebenbei auch noch die
Zuwachsraten eines Baumes ermitteln können. In der Dendroökologie geht es im Wesentlichen um
Presenters
Prof. Dr. Uwe Treter
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
00:29:13 Min
Aufnahmedatum
2001-06-21
Hochgeladen am
2018-05-02 15:14:18
Sprache
de-DE